Nach dem generellen Überblick über die Fender Jaguar werden wir heute einen Exkurs in die Baujahres-abhängigen Details dieses Modells unternehmen. Für eine erste Einschätzung des Baujahres/der Originalität einer solche Gitarre sind diese Details von grundlegender Bedeutung.Um die Originalität einer Fender-Gitarre zu beurteilen, sind sie angesichts der heutzutage verfügbaren Reissue-Parts/Techniken jedoch keinesfalls ausreichend. Das Risiko beim Kauf einer 50er oder 60er Jahre Stratocaster übervorteilt zu werden, halte ich heutzutage für sehr groß. Bei einer Jaguar ist dieses Risiko aufgrund des Preisgefüges i.d.R. geringer.
Fangen wir nun bei der Kopfplatte der Gitarre an und arbeiten uns langsam weiter bis zur Brücke vor.
Die Vorderseite der Kopfplatte
Die Kopfplatte einer Fender-Gitarre kann eine Menge über das Baujahr und die Geschichte einer Gitarre erzählen. Die vergilbte Farbe des Nitrolackes sagt uns das sich diese Gitarre viel in nikotinhaltigen Bars und ähnlichen Orten aufgehalten hat und das der Vorbesitzer seine brennende Zigarette gerne zwischen der G- und H-Saite geparkt hat.
Die Größe der Kopfplatte
Die Größe/die Form der Kopfplatte ist für mich bei der Jaguar (im Gegensatz zur Stratocaster) kein eindeutiges Merkmal zur Altersermittlung, da diese für mich Baujahres-unabhängig gleich groß aussehen. Einige Quellen behaupten das die Kopfplatte ab 1966 größer ausfiel.
Das Logo
Die Gitarre verfügt über die Überreste eines sog. Transition-Logo’s das Fender an dieser Gitarre bis 1968 verwendet bis es vom sog. Schwarzen Fender Logo abgelöst wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Gitarren auch mit einem wesentlich dickeren (und unattraktiveren) Polyacryl-Lack versehen, der aufgrund der Dicke und geringeren Härte des Lackes das Klangverhalten der Gitarren generell negativ beeinflusste. Das Logo einer Fender-Gitarre ist i.d.R. ein guter Identifikator für die Originalität des Halses der Gitarre, da Reissue-Logo’s sich in Details von Original-Logos unterschieden und da es nicht für jedes Baujahr passende frei verkäufliche Reissue-Logo’s gibt (ab 1962 verfügten die Logo’s über unterschiedliche Patentnummern unterhalb des Modellnamens – hier ein Beispiel für die Fender Stratocaster).
Das Griffbrett
Weiterhin kann man am Ende des Griffbrettes erkennen, das die Gitarre über ein sog. “veneer rosewood fingerboard” verfügt. Das bedeutet das sich ein dünnes, gekrümmtes Palisander-Griffbrett auf dem Ahorn-Hals befindet. Von Mitte 1959 bis Mitte 1962 (Ausnahme einige Mustangs in 1965/66) wurde im Gegensatz hierzu ein sog. “Slabboard-Neck” verwendet, auf dem ein deutlich dickeres Palisander-Griffbrett mit einer geraden Unterseite verwendet wurde. Gitarren mit dieser Halskonstruktion klingen i.d.R. wärmer als solche mit einem Veneer-Neck. Einen Slabboard-Neck kann man an der Dicke des Palisander-Streifens unterhalb des Sattels der Gitarre gut erkennen. Es existieren auch einige wenige Jaguar’s mit einem solchen Neck, diese sind aber extrem selten.
Die Rückseite der Kopfplatte
Die Rückseite der Kopfplatte zeigt die original Kluson-Deluxe-Tuner mit einem einzeiligen Deluxe-Schriftzug wie sie Fender von Mitte 1956 bis 1964 verwendete. An der hohen und tiefen E-Saite sind reparierte Risse in der Kopfplatte zu sehen, wie sie oft bei der unsachgemäßen Montage anderer Tuner auftreten. In diesem Fall ist das aber lediglich ein kosmetisches Problem.
Das Griffbrett
Das Griffbrett ist aus Brazilian Rosewood was Fender (ebenso) wie Gibson bis ca. 1966 verwendete. Die Griffbrett-Einlagen sind sog. “Clay-Dots” die Fender von Mitte 1959 bis Januar 1965 verwendete. Da nach wurden die deutlich helleren sog. “Pearl-Dots” verwendet und ab Ende 1966 viereckige Griffbrett-Einlagen (sog. Block-Inlays). Ende 1965 wurde das Griffbrett darüber hinaus mit Einfassungen (sog. Bindings) versehen.
Der Korpus
Der Korpus aus Esche (=Blonde Lackierung) ist im Gegensatz zum Standard Erlen-Korpus eine Rarität. Fender Gitarren mit einem Eschen-Korpus haben im Gegensatz zu einem Erlen-Korpus i.d.R. mehr Bässe als auch lebendigere Höhen. Der Korpus verfügt noch über den abgenutzten original blonden Lack über den ein Vorbesitzer mit der Spraydose eine zusätzliche rote Lackschicht aufgebracht hat (Welche Gitarre hat schon zwei Custom-Colors?). Die Konturen des Korpus sind noch völlig unberührt, da im Gegensatz zu einem Refinish der Korpus nicht abgeschliffen wurde. Mit entsprechendem Aufwand könnte man die rote Farbe wieder entfernen, was mir aber angesichts des Charms der Gitarre wiederstrebt.
Die Gitarre hat eine Seriennummer auf der Halsplatte im Bereich L34xxx, was für 1964 passend ist. Wobei die Seriennummer bei Fender Gitarren im Allgemeinen nur als Anhaltspunkt für die Datierung einer Gitarre gelten kann (Repo- oder ausgetauschte Halsplatten, die Halsplatten wurden eher zufällig montiert).
Die Tonabnehmer
Die Gitarre verfügt noch über die originale Celluloid-Schlagplatte (“Pickguard”) die Anfang 1965 durch eine rötlichere aus Vinyl ersetzt wurde. Die Tonabnehmer (“Pickups”) verfügen über unterschiedlich hohe Magneten (“Staggered Polepieces”) wie sie bei dieser Gitarre 1963 eingeführt wurden (davor waren die Magnete gleichlang). Die Brücke der Gitarre ist original, aber wie bei fast allen Jaguar’s fehlt der werksseitige Saiten-Dämpfer der dem ungeübten Spieler als Hilfestellung dienen sollte.
Der Koffer
Zu der Gitarre gehört der schwarze original Fender No-Logo Koffer wie er in 1964/65 verwendet wurde. Wie bei vielen dieser Koffer sind die Verschlusslaschen nicht mehr mehr vorhanden.
Weiterführende Links
Dieser kurze beispielhafte Überblick über die Baujahresabhägigen-Details einer Fender Jaguar kann nur als genereller Einstieg in das Thema dienen. Insbesondere ist für die sichere Evaluierung der Originalität eines alten Fender-Instruments eine Menge Erfahrung und eine gesunde Portion Misstrauen erforderlich.
Die folgenden Links bitte jeden Menge weitere fundierte Informationen zum Thema Fender Jaguar:
- Antique Vintage Guitars Collector Info – Fender Jaguar 1962 – 1968
- The Fender Jaguar in detail – Jim Shine
- www.fenderjaguar.net
Insbesondere der erste Link zu der Seite von Clay Harrell (hier: Ein Interview mit Ihm) bietet einen Fundus an Informationen zum Thema Vintage-Gitarren. In diesem Fall von jemanden durch dessen Hände etliche Vintage-Gitarren gegangen sind und der dieses auch mit Sachverstand akribisch dokumentiert hat.
Danke für den ausführlichen Artikel! Hinsichtlich der Formveränderung der Kopfplatte möchte ich anmerken, dass die Veränderung weniger der Größe nach, als der Form nach passiert ist. Wenn man sich den ’64 Headstock anschaut so ist die Unterkante nach vorne hin zum kreisrunden Teil beinahe eine Gerade, während Sie bei den späterem Modell deutlich bauchiger ausfällt. Was noch weiter auffällt ist, dass der Radius zwischen der Unterkante und dem kreisrunden Teil bei der älteren Form viel kleiner ist. Wenn man auf diese beiden Merkmale achtet, sind die beiden doch sehr ähnlichen Formen leicht unterscheidbar.
Vielen Dank für die Info!